Reise nach Russland: St. Petersburg

«PARAplegiker», Zeitschrift für Menschen mit Körperbehinderung, Januar 2013

Wer nach Russland reisen möchte, muss doch einige Hindernisse überwinden und seine Reise gut planen. Es herrschen noch die „guten alten Zeiten“. Während sich die Grenzen in der EU in Luft aufgelöst ha­ben, sind bei einer Reise nach St. Petersburg noch etliche bürokratische Barrieren zu überwinden: Visaantrag rechtzeitig (sechs Wochen vorher) stellen, Krankenversicherungsnachweis und eine aktuelle Einladung (Reisebüro) besorgen. Wer mit dem Auto einreisen möchte, wird mit recht knackigen Grenzkontrollen überrascht. Fliegen ist alle­mal die bessere Reisemöglichkeit.

 Im Gegensatz zur Reise nach Moskau war der Ablauf am St. Petersburger Flughafen sehr angenehm. Freundliche Helfer und auch freundliche Beamte. Die Fahrt zum Hotel dauerte, dabei konnte ich mich schon vom französischen und italie­nischen Baustil in dieser Stadt überzeugen.

Die beste Reisezeit ist natürlich der Sommer. Viele reisen auch wegen der „Weißen Nacht“ (Sommerpolarnacht, in der es nicht dunkel wird) nach St. Petersburg. Aber auch wegen der vielen Sehenswürdigkeiten, die diese Stadt bereit hält. In der Stadt selbst ist die Eremita­ge mit ihren unzähligen Kunstschätzen ein ab­solutes Muss. Für Rollstuhlfahrer gut machbar. Von dort ist es nicht weit zu der Festung Pe­ter und Paul, die zu besuchen war mir zeitlich leider nicht mehr möglich. Eine Stadt, die sich deutlich von den anderen Städten Russlands abhebt, optisch wie auch menschlich. Diese Stadt wirkt deutlich angenehmer. Die Men­schen sind lebhafter, freundlich und vor allem hilfsbereit. Optisch ist die Stadt voller schöner alter Gebäude, auch in den Randbezirken wie Peterhof und Puschkin. Schließlich lebte einst der Zar in St. Petersburg. Die Baumeister dieser Länder tobten sich hier aus. Auch einen groß­en deutschen Einfluss gab es hier. Herr Schin­kel durfte die deutsche Bautechnik zu Geltung kommen lassen. Auch auf dem Heiratsmarkt war diese Stadt bekannt. Die deutschen Prin­zessinnen waren in St. Petersburg besonders beliebt und wurden dort verheiratet (so war das früher…).

Palast und Schatz

Das Herzstück in St. Petersburg ist die Eremitage am Ufer der Newa, ein Palast voll mit Kunstwerken aus allen Epochen. Sie besteht aus mehreren Gebäuden und von den etwa 2 000 Räumen können ca.400 Säle besichtigt werden. Ohne genauen Ori­entierungsplan läuft gar nichts. Die Künstler sind verschiedenen Räumen zugeteilt und ihre Werke können gezielt besucht werden. Schon von außen ist die schiere Größe des türkisfarbenen Palastes beeindruckend. Davor warten Menschen in Schlangen darauf, die darin verborgenen Kunstschätz sehen zu dürfen.

Vor der Eingangstür fand ich meinen Schatz, die mir schon kurz darauf mit ge­schickter Hand meinen Rolli durch die belebten Straßen dieser Stadt schob. Nadja, die in der Eremitage arbeitet, hat ihre zwei freien Tage ganz und gar mir geschenkt. Sie begleitete mich überall hin und versuchte mir in gebrochenem Deutsch vieles zu erklären. Ich gebe zu, meine Augen galten nicht nur den Sehenswürdigkeiten dieser Stadt… Am ersten ging es von der Eremitage zur Einkaufsstraße Newsskij Prospekt Ein andere Shoppingmeile als wir es gewohnt sind.

Von da ist es nicht mehr weit zur Auferstehungskirche „Im Blute“ Die Auferste­hungskirche am Gribojedowkanal fallt mit ihren bunten emaillierten Kuppeln, die sich auf der Höhe von einem 16 geschossigen Gebäude über die Innenstadt von St. Petersburg erheben, sofort auf. Im altrussischen Stil des Kirchenbaus aus dem 16. und 17. Jahrhundert ausgeführt, ist sie die wahre Verkörperung vom Russischen in St. Petersburg, das sonst einen betont europäischen Charakter hat. Wie der inoffizi­elle Name „Erlöserkirche-auf-dem-Blut“ betont entstand die Auferstehungskirche da, wo Blut geflossen ist – das des Zaren Alexander II., der hier am Gribojedowka­nal zum Opfer eines Terroranschlags wurde. Die Blutkirche schließt den genauen Ort des tragischen Ereignisses mit ein und zeigt den Besuchern das alte originale Pflaster und Gitter des Kanals, über die das Zarenblut sprühte. Mit 7 065 m2 Mo­saiken, die die Kirche von innen und außen schmücken und Leben, Wundertaten, Passionen und Auferstehung Christi zeigen, ist die Auferstehungskirche nicht nur ein Denkmal der russischen Geschichte, sondern auch eines der weltweit besten Museen der Mosaikkunst.

Der nächste Besuch gilt der Issak-Kathedrale, deren Innenraum besteht aus einem Ensemble prachtvoller Gemälde, Mosaiken und Wand­malereien, ausgeleuchtet von pompösen Kron­leuchtern von jeweils drei Tonnen Gewicht. Die üppigen Ausschmückungen der Deckengewölbe und Seitenwände lassen die Augen der Besucher rastlos hin und her irren. Überhaupt erinnert die hektische Betriebsamkeit innerhalb der Kirchen­mauern eher an eine Flaniermeile als an ein der Andacht geweihtes Gotteshaus.

 Der zweite Tag.

Das Schloss Puschkin, die Stätte von Katharina I., liegt etwas außerhalb von Petersburg. Es wurde 1740 erbaut und der Schlosspark wurde damals erweitert 1756 war das Werk vollendet und es wurde ab dieser Zeit für offizielle Empfange au­ßerhalb von St. Petersburg genutzt. Die Umbauarbeiten leitete Bartolomeo Rastrelli, der Lieblings­architekt der Zarin.

Das Katharinenschloss wurde mehrfach umge­baut und ist heute 3-geschossig und über 300 m lang. Kolossalsäulen, Pilaster, Atlanten und Fen­sterverzierungen beleben die Prachtfassade eines der schönsten Barockpaläste Europas. Der jetzige

Nachbau des Bernsteinzimmers lässt die alte Pracht nur erahnen neben den zahlreich und üppig vergoldeten Räumen und Sälen des Schlosses. Außerhalb des Schlosses befindet sich eine rie­sige Parkanlage und lässt den Glanz vergangener Zeiten nur erahnen.

Am Nachmittag ging es dann zur Zarenresidenz Petershof. Es ist ein von traumhaften Grünan­lagen umgebener Schlosspark, der sich rund 30 Kilometer westlich von Petersburg direkt am Finnischen Meerbusen be­findet. Die ehemalige Zarenre­sidenz setzt sich im Grunde aus zwei Bereichen zusammen, die über vielerlei Wege miteinander verknüpft sind – dem Unteren und dem Oberen Park. Als eine Art architektonischer Trennstrich zwischen beiden Teilen fungiert der Große Palast. Auf seiner zum Oberen Park hin gelegenen Vor­derseite befindet sich mit der Neptun-Fontäne eine wunderschöne Brunnenanlage. Steht man auf der Palastterrasse, erhält man automatisch ei­nen großartigen Ausblick auf weite Teile des Un­teren Parks, in dem sich viele weitere Fontänen sowie ein See befinden. Gleichzeitig kann man von hier aus über einen rund 400 Meter langen Wasserkanal, der vom Meeresufer aus schnurge­rade zum Fuß der großen Kaskade führt, bis zum Finnischen Meerbusen blicken. Im Unteren Park befindet sich ein Restaurant, in dem es sich gut essen lässt.

Der zweite Tag war eindrucksvoll und ermüdend zugleich. Am nächsten Tag hieß es früh aus dem Bett, der Flieger ging schon um 5:30. Mein Fahrer Serge war zuverlässig wie immer. Mein beson­derer Dank gilt Nathalia und Maria von Liberty Tour, die meinen Aufenthalt bestens organisiert haben, bis auf den Flug, den habe ich über das Internet gebucht.

Text & Fotos: JNKreiter